Zum Begriff „behördliche Auflagen“ in Allgemeinen Versicherungsbedingungen
Maßgeblich ist das verwaltungsrechtliche Begriffsverständnis.
In einer Sturmversicherung für ein Betriebsgebäude wurde als besondere Bedingung vereinbart, dass „Mehrkosten auf Grund behördlicher Auflagen“ mitversichert sind und als Mehrkosten jene Kosten gelten, die „auf Grund behördlicher Auflagen nach einem ersatzpflichtigen Schaden die Kosten der Wiederherstellung von Gebäuden und/oder Betriebseinrichtungen in den ursprünglichen Zustand überschreiten“.
Der beklagte Versicherer ersetzte zwar die bei einem Sturm beschädigte Lichtkuppel des Betriebsgebäudes des klagenden Unternehmens, nicht aber die Kosten für die Neuanbringung einer bisher nicht vorhandenen Absturzsicherung.
Die Vorinstanzen wiesen die Klage auf Feststellung der Deckungspflicht für die Kosten der Anbringung einer Absturzsicherung ab.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge und führte aus, dass Rechtsbegriffe in der Rechtssprache eine bestimmte Bedeutung haben und daher auch in Allgemeinen Versicherungsbedingungen in diesem Sinn auszulegen sind, wenn den zu beurteilenden Rechtsinstituten nach herrschender Ansicht ein unstrittiger Inhalt zukommt.
Der Begriff „behördliche Auflagen“ hat in Verwaltungsrechtslehre und ‑praxis einen fest umrissenen Begriffsinhalt: Er meint einen Bescheidadressaten belastende Ge- oder Verbote, die als Nebenbestimmungen in einem individuellen, dem Hauptinhalt nach begünstigenden Verwaltungsakt enthalten sind.
Nicht relevant ist es dagegen, ob – anders als zur Zeit der Ersterrichtung – nunmehr aufgrund von Bauordnung, ÖNormen oder Arbeitnehmerschutzvorschriften eine Absturzsicherung zwingend vorgesehen wäre, wie das Unternehmen ins Treffen führte. Für einen durchschnittlichen, nicht juristisch gebildeten Versicherungsnehmer ist es nämlich verständlich, dass allgemeine, jedermann treffende gesetzliche Verpflichtungen und ihm konkret „auferlegte“ Lasten nicht gleichgesetzt werden können. Nur für die Kosten Letzterer hat der Versicherer laut den Versicherungsbedingungen Deckung übernommen.
Für die Deckung der Mehrkosten einer Absturzsicherung käme es daher darauf an, ob der Klägerin konkret und individuell die Anbringung einer solchen Absturzsicherung behördlich auferlegt wurde. Dies war hier nicht der Fall.