Zum Instanzenzug bei Beschlüssen nach § 111 Abs 2 JN
Eine vom Landesgericht nach § 111 Abs 2 Satz 2 JN getroffene Entscheidung ist mit Rekurs an das Oberlandesgericht anfechtbar.
Nach der Bestimmung des § 111 Jurisdiktionsnorm (JN) kann ein zur Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte zuständiges Gericht seine Zuständigkeit ganz oder zum Teil einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse eines Minderjährigen oder sonst Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird. Die Übertragung wird wirksam, wenn das andere Gericht die Zuständigkeit oder die ihm übertragenen Geschäfte übernimmt. Im Falle der Weigerung des anderen Gerichts bedarf die Übertragung zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des den beiden Gerichten zunächst übergeordneten gemeinsamen höheren Gerichts.
Das Bezirksgericht Melk übertrug mit rechtskräftigem Beschluss die Zuständigkeit zur Besorgung einer Pflegschaftssache dem Bezirksgericht St. Pölten. Das Bezirksgericht St. Pölten verweigerte die Übernahme der Zuständigkeit. Mit Beschluss des Landesgerichts St. Pölten verweigerte dieses als beiden Bezirksgerichten übergeordneter Gerichtshof die Genehmigung der Übertragung. Dagegen richtet sich der Rekurs an den Obersten Gerichtshof.
Der Oberste Gerichtshof sprach aus, dass er zur Behandlung des Rekurses funktionell nicht zuständig ist, weshalb die Rechtssache dem Oberlandesgericht Wien zur Erledigung des Rechtsmittels zu überweisen ist.
In seiner Entscheidung ging das Höchstgericht zunächst auf die bisherige Judikatur ein. Demnach könne die amtswegige Delegation vom Landesgericht oder Oberlandesgericht immer nur als Gericht zweiter Instanz verfügt werden, weshalb auch die Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN vom Gerichtshof in „seiner Funktion als Rechtsmittelgericht“ getroffen werde. Der Rechtszug gehe daher an den Obersten Gerichtshof.
Der 4. Senat lehnte diese Rechtsansicht im Einklang mit der herrschenden Lehre ab. Er hob hervor, dass es sich bei einer Entscheidung nach § 111 Abs 2 Satz 2 JN um eine erstinstanzliche Entscheidung handelt. Anknüpfend an das in den Bestimmungen der §§ 2 bis 4 JN geregelte Instanzenverhältnis der Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen ist das Oberlandesgericht mangels Sonderregel als Rechtsmittelgericht gegen eine Entscheidung des Landesgerichts zuständig.