Zum Prozesskostenregress bei behaupteter Schlechterfüllung eines Werkvertrags
Die Schlechterfüllung eines (Werk-)Vertrags führt regelmäßig noch nicht zu einer Haftung für Prozesskosten aus einem Verfahren gegen einen Dritten (hier späteren Käufer eines reparierten Fahrzeugs). Die im Vertrauen auf die Richtigkeit einer KFZ-Prüfplakette vorgenommenen rein vermögensrechtlichen Dispositionen, wie der Verkauf des begutachteten Fahrzeugs, sind zudem nicht vom Schutzzweck des § 57a KFG umfasst.
Der Beklagte betreibt eine Reparaturwerkstätte; eine Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung nach § 57a KFG kommt ihm nicht zu. Am 2. 1. 2013 kaufte der Kläger einen gebrauchten BMW 230d mit Erstzulassung Mai 1999 und einem Kilometerstand von 220.000 km zum Preis von 2.500 EUR. Das Fahrzeug verfügte über keine aufrechte Begutachtungsplakette nach § 57a KFG. Der Kläger wandte sich an den Beklagten mit dem Anliegen, bei diesem Fahrzeug eine Überprüfung nach § 57a KFG durchzuführen und allfällige für die Erlangung der Begutachtungsplakette notwendige Reparaturen vorzunehmen. Nach Ausführung kleiner Reparaturen, für die der Beklagte dem Kläger 650 EUR in Rechnung stellte, ließ der Beklagte das Fahrzeug am 10. 1. 2013 beim ARBÖ überprüfen. Aus diesem Anlass wurde die Begutachtungsplakette ausgestellt. Im Prüfgutachten wurden einige leichte Mängel aufgelistet. Am 26. 2. 2013 verkaufte der Kläger das Fahrzeug um den Preis von 3.100 EUR an einen Dritten. In einem gerichtlichen Vergleich vom 9. 1. 2014 verpflichtete sich der Kläger im Vorverfahren, dem dritten Käufer gegen Rückgabe des PKW den Kaufpreis von 3.100 EUR zurückzuerstatten sowie die Prozesskosten zu ersetzen.
Im vorliegenden Verfahren begehrte der Kläger den Ersatz der Prozesskosten im Vorverfahren, weiters den Ersatz des frustrierten Werklohns und die Differenz zwischen eigenem Ankaufspreis und tatsächlichem Wert des Fahrzeugs. Der Beklagte habe den Überprüfungsnachweis gemäß § 57a KFG ausgestellt, obwohl das Fahrzeug in keinem verkehrs- und betriebssicheren Zustand gewesen sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht sprach dem Kläger die im Vorprozess aufgewendeten Prozesskosten zu.
Der Oberste Gerichtshof stellte die abweisende Entscheidung des Erstgerichts wieder her und führte aus:
Prozesskosten, zu deren Ersatz jemand verurteilt wurde, führen zu einer Verminderung des Vermögens des Verurteilten. Sie können daher Gegenstand einer Schadenersatzforderung des Verurteilten einem Dritten gegenüber sein, wenn diese Kosten durch das Verschulden dieses Dritten verursacht wurden. Dies gilt auch für den eigenen zweckmäßigen Kostenaufwand des Verurteilten im Vorprozess. Die Schlechterfüllung eines (Werk-)Vertrags führt regelmäßig noch nicht zu einer Haftung für Prozesskosten aus einem Verfahren gegen einen Dritten, weil ein solcher Schaden im Allgemeinen außerhalb des Schutzzwecks des Vertrags oder des Rechtwidrigkeitszusammenhangs liegt. Nur wenn ein Werkunternehmer über die Schlechterfüllung des Werkvertrags hinaus weitere Vertragspflichten verletzt und diese Pflichtverletzung für das Vorverfahren kausal ist, kann es zu einer Haftung des Regresspflichtigen für die Kosten des Vorprozesses kommen. Eine solche Haftung wird bei der Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten, etwa von Informationspflichten, bejaht. Dabei ist an Hand einer am konkreten Vertragszweck ausgerichteten individualisierenden Betrachtung zu prüfen, ob die verletzte Verpflichtung gerade den konkret geltend gemachten Schaden verhindern sollte.
Eine Schlechterfüllung des Werkvertrags durch den Beklagten steht hier nicht fest. Auch eine Mangelhaftigkeit des Prüfberichts wurde nicht festgestellt. Außerdem ist ein beliehener Unternehmer nicht als Erfüllungsgehilfe des Beklagten anzusehen, weil der Beklagte mit der Vornahme der wiederkehrenden Begutachtung nach § 57a KFG behördlich nicht ermächtigt war und der beliehene Unternehmer daher nicht im Pflichtenkreis des Beklagten tätig werden konnte. Schließlich sind die im Vertrauen auf die Richtigkeit einer Begutachtung nach § 57a KFG vorgenommenen rein vermögensrechtlichen Dispositionen, wie der Verkauf des begutachteten Fahrzeugs, nicht vom Schutzzweck des § 57a KFG umfasst.