Zum Sonderbedarf bei einem herausragenden Tennistalent
Bei angespannten finanziellen Verhältnissen ist es dem unterhaltspflichtigen Vater nicht zumutbar, die hohen Kosten für das Wettkampftraining seines Sohnes jahrelang zu tragen.
Der Unterhaltspflichtige leistet für seinen minderjährigen Sohn einen monatlichen Unterhalt in der Bandbreite von 248 EUR bis 328 EUR und ist noch für zwei weitere Kinder unterhaltspflichtig. Der Vater ist ein gelernter Masseur und war im Zeitraum ab 2011 als Fußballtrainer und Verkäufer beschäftigt. Abzüglich seiner laufenden Unterhaltsverpflichtungen verblieb ihm in den Jahren seit 2011 ein restliches Einkommen im Bereich von unter 1000 EUR, zum Teil hatte er nur Beträge von unter 800 EUR für sich zur Verfügung.
2014 beantragte der Sohn, den Vater zur Zahlung von 10.956 EUR zu verpflichten. Es handle sich um die mit der Ausübung des Tennis-Wettkampfsports im Zeitraum 2011 bis 2014 entstandenen Kosten, die als Sonderbedarf geltend gemacht werden. Insgesamt seien – nach Abzug der Beiträge von Sportförderungen und Sponsorengelder – Kosten in Höhe von 21.912 EUR angefallen, wovon der Vater zumindest die Hälfte zu tragen habe.
In Abänderung des abweisenden Beschlusses des Erstgerichts verpflichtete das Rekursgericht den Vater zum Ersatz der für die besonderen Ausgaben im Zusammenhang mit dem Tennissport angefallenen Kosten im Ausmaß von 6.440 EUR.
Der Oberste Gerichtshof gab dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs des Vaters Folge und stellte den Erstbeschluss wieder her. Der Senat wies darauf hin, dass eine kostenaufwendige besondere Förderung spezieller sportlicher Interessen, die nicht mit weitgehender Regelmäßigkeit für die Mehrzahl der unterhaltsberechtigten Kinder anfallen, einen Sonderbedarf bilden kann. Das kann dann der Fall sein, wenn das besondere sportliche Talent des Unterhaltsberechtigten besonders förderungswürdig ist. Ein solcher Fall liegt hier vor, zumal unstrittig ist, dass der Sohn in den Kader des Österreichischen Tennisverbands aufgenommen wurde, an zahlreichen Wettkämpfen teilgenommen und dabei auch sehr gute Wettkampfplatzierungen (etwa Vizestaatsmeister) erreicht hat. Von der Frage der Qualifizierung eines Aufwands als Sonderbedarf ist allerdings die Frage zu trennen, ob eine Deckungspflicht des geldunterhaltspflichtigen Elternteils besteht. Das hängt davon ab, ob diesem die Deckung angesichts seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse zumutbar ist. Das wurde im Anlassfall verneint. Dem Vater muss zugebilligt werden, sich unter Bezugnahme auf das Fehlen einer einvernehmlichen Entscheidung über das kostenintensive Wettkampftraining des Kindes auf einen Vergleich mit einer intakten Familie zu berufen, zumal in solchen Familien nicht davon auszugehen ist, dass ein Elternteil ungeachtet der angespannten finanziellen Situation in der Familie einseitig über die Sportausübung des Kindes bestimmt, mit der hohe Kosten über Jahre verbunden sind.