Zur Aktensicht der Erben in den Sachwalterschaftsakt des Verstorbenen
Zur Erforschung des wahren Willens des Betroffenen bei einem vor seinem Tod getätigten Liegenschaftsverkauf haben dessen Erben Akteneinsicht auch in jene Teile des Sachwalterschaftsakts, die den Gesundheitszustand des Verstorbenen betreffen.
Die Antragsteller sind die Kinder und Miterben des Betroffenen, für den in seinem Todesjahr ein einstweiliger Sachwalter bestellt wurde. Noch vor der Bestellung veräußerte der Betroffene eine Liegenschaft. Mit Klage gegen die Käufer begehrten die Antragsteller als Erben die Aufhebung des Kaufvertrags wegen Geschäftsunfähigkeit des Verstorbenen bzw Verkürzung über die Hälfte. Vor dem Sachwaltergericht begehrten die Antragsteller Akteneinsicht in den Sachwalterschaftsakt. Die Einsicht geschehe im ausschließlichen Interesse des Verstorbenen bzw seiner Rechtsnachfolger. Die Antragsteller benötigten im Zivilprozess die Information über die Geschäftsfähigkeit, um die Durchsetzung seines letzten Willens zu fördern.
Die Vorinstanzen wiesen den Antrag unter Hinweis auf die zu § 141 AußStrG ergangene Rechtsprechung ab.
Der Oberste Gerichtshof gab dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs der Antragsteller Folge. Er verwies auf die Judikatur, wonach einem Erben des Betroffenen jedenfalls ein Recht auf Akteneinsicht in den Sachwalterschaftsakt zu gewähren ist, soweit dieser die Einkommens- und Vermögensangelegenheiten betrifft. In diesem Umfang ist das Rechtsmittel somit jedenfalls berechtigt.
Der Antrag ist aber auch hinsichtlich der begehrten Einsicht in jene Aktenteile zu bewilligen, die den höchstpersönlichen Lebensbereich des Betroffenen tangieren. Nach der Rechtsprechung ist es anerkannt, dass die Akteneinsicht im Zusammenhang mit der Entscheidung über das Erbrecht zu gewähren ist, um sämtliche relevanten Erkenntnisquellen zu nutzen, die den wahren Willen des Erblassers zutage fördern können. Diese Wertungen sind auch auf die hier vorliegende Konstellation übertragbar. Die Gewährung der Akteneinsicht im Zusammenhang mit einem Erbrechtsstreit zur Erforschung des wahren letzten Willens des Erblassers soll die vom Erblasser erwünschte Zuordnung von Nachlassgegenständen nach seinem Tod gewährleisten. Verschenkt oder „verschleudert“ eine geschäftsunfähige Person große Teile ihres Vermögens aber bereits zu Lebzeiten, kann dies zur Folge haben, dass ihr (potentieller) Nachlass massiv reduziert wird, was ihren letzten Willen stark relativiert. Wollen die Erben nun aufzeigen, dass die zu Lebzeiten des Betroffenen gesetzten Handlungen seinem wahren (nicht durch eine allfällige Erkrankung beeinflussten) Willen widersprechen, ist das mit jener Konstellation durchaus vergleichbar, bei der die Rechtsprechung ein Akteneinsichtsrecht Dritter bejaht hat.