Zur Aufsichtspflicht über Handgepäck bei Bahnreisen
Keine Haftung der Bahn für Gepäckstücke, die ein Reisender auch über Weisung des Zugbegleiters auf einem offenen Kofferregal deponiert.
Die Klägerin führte auf einer längeren Zugreise eine große Reisetasche mit, die für die Ablage über ihrem Sitz zu groß war und die sie daher über Anweisung des Schaffners auf einem (von ihrem Sitzplatz aus nicht einsehbaren) Gepäckregal deponierte. Nachdem das Gepäckstück während der Zugfahrt abhanden gekommen war, verlangte sie Schadenersatz in Höhe von 7.600 EUR mit der Begründung, das Bahnunternehmen habe durch die Weisung des Schaffners Verwahrungspflichten übernommen. Außerdem handle es sich beim Aufbewahrungsort um ein „Gepäckabteil“, für das die Bahn verantwortlich sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil ein Reisender selbst auf sein mitgebrachtes Gepäck aufpassen müsse. Das Berufungsgericht nahm hingegen eine Haftung der Bahn an, weil es vertretbar erscheine, das Kofferregal als „Gepäckabteil“ zu werten, für das die Bahn die Verantwortung trage.
Der Oberste Gerichtshof schloss sich der Rechtsauffassung des Erstgerichts an und verwies darauf, dass ein Reisender zwar leicht tragbare Gegenstände als Handgepäck unentgeltlich in einem Waggon mitnehmen darf, dieses aber an den vorgesehenen Stellen zu deponieren hat. Der Schaffner erinnerte die Klägerin lediglich an diese Verpflichtung, sodass dessen Anweisung nicht als Übernahme von Verwahrungspflichten gedeutet werden kann. Bei dem im Waggon vorhandenen offenen Gepäckregal handelt es sich auch nicht um ein „Gepäckabteil“. Der Bereich war weder durch eine Tür von den übrigen Teilen des Waggons getrennt noch durfte die Klägerin Grund zur Annahme haben, das Zugpersonal würde das dort deponierte Reisegepäck beaufsichtigen. Für solcherart abgestellte Gepäckstücke trägt der Reisende selbst die Verantwortung.