Zum Hauptinhalt
 
 
 
 

Zur gröblichen Benachteiligung eines Wärmeabnehmers durch eine Ausfallshaftung

 
 

OGH prüft AGB-Klausel nach § 879 Abs 3 ABGB.                                                   .

Die klagende Kammer ist nach dem Konsumentenschutzgesetz zur Geltendmachung von bestimmten Unterlassungsansprüchen berechtigt.

Die Beklagte ist als Abrechnungsunternehmen mit Verbrauchern im rechtsgeschäftlichen Verkehr tätig. Darüber hinaus ist die Beklagte zum Teil auch als Wärmelieferantin tätig. Im letzteren Fall wird den Wohnungseigentümern bzw Mietern eines Hauses (Einzelkunden) auf Grundlage der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten der Abschluss eines zuvor mit der Hausverwaltung abgestimmten Einzelwärmeliefervertrags angeboten. Die Beklagte übernimmt laut Einzelwärmeliefervertrag die erzeugte Wärme und gibt sie im eigenen Namen an die jeweiligen Einzelkunden weiter. Dabei haftet sie den Kunden für die Wärmelieferung. Jene (potentiellen) Energieabnehmer, die den Vertrag mit der Beklagten nicht abschließen, werden von der Wärmeversorgungsanlage des Hauses abgetrennt und sind dann auf eine dezentrale Wärmeversorgung angewiesen (zB Stromheizung, E-Boiler). Nach den AGB zu den Verträgen über die Abwicklung der Wärmelieferung und Abrechnung der Wärmekosten wird den Einzelkunden ein Aufschlag von 3% der abgerechneten Wärme- und Wasserkosten „für Ausfallhaftung“ verrechnet.

Die Klägerin begehrt, der Beklagten zu verbieten, diese Klausel zu verwenden und sich darauf zu berufen. Die Klausel führe zu einer gröblichen Benachteiligung nach § 879 Abs 3 ABGB. Es sei keine sachliche Rechtfertigung dafür erkennbar, warum der Einzelkunde Kosten übernehmen soll, denen keine Leistung seines Vertragspartners gegenüberstehe.

Die Beklagte wandte ein, dass sie typischerweise die Kosten für die Wärme bzw für die Wärmeerzeugung zunächst selbst trage, wenn sie Verbrauchern Wärme liefere. Damit trete sie gegenüber ihren Kunden in Vorlage, weshalb sich für sie naturgemäß ein erhebliches Ausfallsrisiko ergebe, weil nicht sämtliche Wärmeabnehmer ihre Schuld auch immer bezahlten. Damit die Beklagte dieses Risiko in vernünftiger Weise beherrschen könne, sei es für sie zwingend notwendig, sich für diese Ausfälle bereits im Vorhinein abzusichern. Dazu dienten die gegenständlichen „Kosten für Ausfallshaftung“, die grundsätzlich nichts anderes als eine unternehmerisch vernünftige Vorsorge für potenzielle Ausfälle seien.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte die stattgebende Entscheidung der Vorinstanzen.

Der Senat legte zunächst die von der Judikatur zu der Bestimmung des § 879 Abs 3 ABGB entwickelten Grundsätze dar. Daran anknüpfend ging er davon aus, dass die gegenständliche Klausel den Kunden gröblich benachteiligt.

Nach dem dispositivem Recht haftet ein Verbraucher seinem Vertragspartner nicht für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten Dritter gegenüber diesem Vertragspartner. Die in der Klausel vorgesehenen Abweichungen vom dispositiven Recht bedürfen daher einer sachlichen Rechtfertigung. Eine solche liegt hier nicht vor. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass der Zuschlag pauschal verrechnet wird und die Beklagte davon auch dann profitiert, wenn sie keinen Ausfall erleidet. Dem Zuschlag für einen potentiellen Ausfall steht keine Gegenleistung der Beklagten gegenüber. Der (behauptete) Umstand, dass es der Beklagten wegen ihrer Marktposition möglich ist, ihren Kunden Energie zu verbilligten Preisen zu liefern, steht in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Zuschlag. Weiters ist zu beachten, dass die Verbraucher von der zentralen Wärmeanlage des Hauses abhängig sind. Schließen sie den Wärmeliefervertrag mit der Beklagten nicht ab, werden sie von der Wärmeversorgungsanlage abgetrennt und sind dann auf eine dezentrale Wärmeversorgung (zB Stromheizung, E-Boiler) angewiesen. Es ist notorisch, dass damit Mehrkosten für diese Verbraucher verbunden sind.

Die Vorinstanzen haben damit zutreffend die objektive Äquivalenzstörung (Zuschlag ohne Gegenleistung) und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“ der Verbraucher (Abhängigkeit von der zentralen Wärmeanlage) berücksichtigt.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/zur-groeblichen-benachteiligung-eines-waermeabnehmers-durch-eine-ausfallshaftung/)

Oberster Gerichtshof  |  Schmerlingplatz 11 , A-1010 Wien  |  Telefon: +43 1 52152 0  |  Telefax: +43 1 52152 3710