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Zur Haftung des Abschlussprüfers einer Bank

 
 

Ein Abschlussprüfer, der die gebotene Sorgfalt vernachlässigt und deshalb einen unrichtigen Bestätigungsvermerk ausstellt, wird einem Dritten, der im Vertrauen auf die Verlässlichkeit des Bestätigungsvermerks disponiert und dadurch einen Schaden erleidet, ersatzpflichtig. Das war im Anlassfall zu verneinen.

Der Beklagte war für die Geschäftsjahre 1999 bis 2005 als Abschlussprüfer/Bankprüfer für eine Bank tätig und stellte für die Jahresabschlüsse jeweils uneingeschränkte Bestätigungsvermerke aus.

Der Kläger begehrt als Schadenersatz 2 Mio EUR (als Teilschaden) mit dem wesentlichen Vorbringen, er habe der Bank im August 2019 eine Termineinlage von 13 Mio EUR anvertraut. Danach sei über das Vermögen der Bank ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Kläger werde deshalb seine Einlage nicht zurückerhalten. Hätte der Kläger gewusst, dass die Jahresabschlüsse zumindest seit 1999 massiv gefälscht gewesen seien, hätte er das Geld 2019 nicht veranlagt. Der Beklagte hätte bei sorgfältiger Prüfung die Bilanzmalversationen erkennen können und negative Prüfungsurteile abgeben müssen. Das gebotene negative Prüfurteil des Beklagten hätte zur Folge gehabt, dass die Behörden der Bank den Geschäftsbetrieb untersagt hätten. In weiterer Folge wäre ein Insolvenzverfahren über deren Vermögen eröffnet worden. Dadurch hätte der Kläger der Bank kein Geld mehr anvertrauen können.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte die abweisenden Urteile der Vorinstanzen.

Der Senat hielt zunächst fest, dass die Klagsforderung nicht verjährt ist. Nach § 275 UGB beginnt die Verjährungsfrist für den hier zu prüfenden Bereich bloß fahrlässiger Schadensverursachung durch den Abschlussprüfer (erst) mit Eintritt des primären Schadens. Bei Ansprüchen Dritter ist das die durch den Bestätigungsvermerk veranlasste Vermögensdisposition. Der im Jahr 2020 klagsweise geltend gemachte Schadenersatzanspruch stützt sich auf den Verlust einer 2019 getätigten Veranlagung. Die Verjährung könnte demnach frühestens mit dieser Vermögensdisposition im Jahr 2019 zu laufen beginnen, ohne dass es auf den Zeitpunkt der Erteilung des Bestätigungsvermerks ankommt.

Im Übrigen verwies der OGH darauf, dass der Vertrag des Abschlussprüfers zur Gesellschaft ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist, weil die Prüfung zwingenden gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen hat und die mit der Veröffentlichung des Bestätigungsvermerks bezweckte Information Dritter aufgrund dieser Vorgaben Vertragsinhalt wird. Von dieser Schutzwirkung sind (potentielle) Gläubiger der geprüften Gesellschaft umfasst, die durch die Veröffentlichung des Bestätigungsvermerks angesprochen werden sollen und dann bei ihren wirtschaftlichen Dispositionen davon ausgehen können, dass Buchführung, Jahresabschluss und Lagebericht ihres (potentiellen) Schuldners nach fachmännischer Ansicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Der angesprochene Personenkreis und die damit verbundene potentielle Haftung des Abschlussprüfers werden damit begrenzt.

Ein Abschlussprüfer, der die gebotene Sorgfalt vernachlässigt und deshalb einen unrichtigen Bestätigungsvermerk ausstellt, wird einem Dritten, der im Vertrauen auf die Verlässlichkeit des Bestätigungsvermerks disponiert und dadurch einen Schaden erleidet, ersatzpflichtig. Ein solches Vertrauen kann nicht nur durch die Kenntnis des konkreten Bestätigungsvermerks geschaffen werden, sondern ist bei einer Beratung auch denkbar, wenn die auf die Anlageentscheidung positiv einwirkende Beratung von den erteilten Bestätigungsvermerken beeinflusst war. Dies setzt aber voraus, dass der Berater die Bestätigungsvermerke gekannt oder sonst von deren Erteilung erfahren hat. Der Geschädigte kann sich auch auf eine solche mittelbare (indirekte) Kenntnis vom Bestätigungsvermerk stützen, auf die er bei seiner Disposition vertraut hat.

Eine Prozessbehauptung, dass der Kläger im Vertrauen auf die Vermerke disponiert hat, fehlt jedoch. Das Erstgericht hat im Rahmen seiner materiellen Prozessleitung auch klargestellt, dass nach dem Klagsvorbringen der Kläger nicht deshalb veranlagt hätte, weil er auf die vom Beklagten bestätigten Jahresabschlüsse vertraut habe. Wenn der Kläger dessen ungeachtet sein Vorbringen weder ergänzt noch präzisiert hat, erweist sich die Abweisung des Klagebegehrens wegen Unschlüssigkeit im Ergebnis als zutreffend.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/entscheidungen-ogh/zur-haftung-des-abschlusspruefers-einer-bank/)

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