Zur Haftung des Betreibers eines Kindergartens
Entscheidungen über Verletzungen der Aufsichtspflicht sind nur bei einer krassen Fehlbeurteilung vom Obersten Gerichtshof zu korrigieren.
Die damals fünfjährige Klägerin verletzte sich bei einer Bewegungseinheit im Turnsaal des von der beklagten Partei betriebenen Kindergartens. Sie begehrte den Ersatz des ihr bisher entstandenen Schadens sowie die Feststellung, dass ihr die beklagte Partei für sämtliche Spät- und Dauerfolgen aus dem Unfall hafte. Die Klägerin stützte sich im Wesentlichen auf eine Verletzung der Aufsichtspflicht der sie betreuenden Kindergärtnerin.
Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Berufungsgericht der klägerischen Berufung gegen das abweisende Ersturteil Folge und erkannte mit Zwischenurteil, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht besteht. Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens hob das Berufungsgericht das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht ging davon aus, die Kindergärtnerin, die beim Vorfall 21 Kinder allein betreute, habe ihre Aufsichtspflicht dadurch verletzt, dass sie die Kinder auf einer in eine Sprossenwand in einer Höhe von 1,20 Meter eingehängten Langbank auch paarweise und zu einem Zeitpunkt rutschen ließ, als sie selbst anderwärtig im Raum beschäftigt war und daher nicht neben der Rutschkonstruktion stehen konnte.
Der Oberste Gerichtshof wies die gegen das Zwischenurteil gerichtete Revision der beklagten Partei mangels erheblicher Rechtsfrage zurück.
Er verwies auf die gesicherte Rechtsprechung, dass sich das Maß der Aufsichtspflicht danach bestimmt, was angesichts des Alters, der Eigenschaft und der Entwicklung des Aufsichtsbedürftigen vom Aufsichtsführenden vernünftigerweise verlangt werden kann. Das Maß der gebotenen Sorgfalt bei Bestehen einer Aufsichtspflicht ist jeweils im Einzelfall danach zu beurteilen, wie sich ein „maßgerechter“ Mensch in der konkreten Situation des Aufsichtspflichtigen verhalten hätte. Konkret vorhersehbare Gefahren sind zu vermeiden. Für das Ausmaß der Aufsichtspflicht sind immer die besonderen Verhältnisse des einzelnen Falls maßgeblich. Die Frage, ob eine Aufsichtspflichtverletzung vorliegt, hängt damit stets von den Umständen des Einzelfalls ab und erfüllt in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage. In einem solchen Fall ist vom Höchstgericht nur eine krasse Fehlbeurteilung zu korrigieren. Das Berufungsgericht hat hier die Verletzung der Aufsichtspflicht vertretbar bejaht, eine krasse Fehlbeurteilung liegt daher nicht vor.