Zur Verjährung von Anlegerschäden bei mehrfach fehlerhafter Beratung
Hat der Kläger sein auf Naturalrestitution gerichtetes Leistungsbegehren alternativ auf mehrere Beratungsfehler gestützt, führt die Verjährung des auf einen dieser Beratungsfehler gestützten Ersatzanspruchs nicht dazu, dass bei Bejahung eines anderen, für sich genommen noch nicht verjährten Beratungsfehlers die Stattgebung des Leistungsbegehrens ausgeschlossen wäre.
Der Kläger hat über Beratung des beklagten Vermögensberaters eine „Schiffsbeteiligung“ (mittelbare Kommanditbeteiligung an mehreren Schifffahrtsgesellschaften) erworben. Dabei hat ihn der Beklagte einerseits nicht darüber aufgeklärt, dass es sich bei diesem Investment um eine spekulative Anlage handelt, die mit hohem Risiko, bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals, verbunden ist, und hat andererseits bei ihm die unrichtige Vorstellung erweckt, die angekündigten Ausschüttungen von 7 % jährlich stellten die Rendite dar, statt ihn darüber zu informieren, dass es sich dabei um (teilweise) Rückzahlungen des investierten Kapitals handelt, die nicht nur entsprechende Nachschusspflichten auslösen, sondern aufgrund derer auch die Haftung des Investors gegenüber den Gesellschaftsgläubigern in diesem Umfang wieder auflebt („Ausschüttungsschwindel“).
Der Kläger hatte bereits länger als drei Jahre vor Einbringung seiner – auf Ersatz des von ihm investierten Kapitals Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus seiner Beteiligung und auf Feststellung der Haftung des Beklagten für alle künftigen Schäden aus dem Investment gerichteten – Klage, in der er (unter anderem) die beiden genannten Beratungsfehler geltend machte, Kenntnis davon erlangt, dass das Investment nicht so „sicher“ ist wie von ihm seinerzeit angenommen. Hingegen hatte er erst kurz vor Einbringung der Klage vom „Ausschüttungsschwindel“ erfahren. Er hätte von dem Investment schon dann Abstand genommen, wenn er (nur) über das Kapitalverlustrisiko informiert gewesen wäre; aber auch die Kenntnis (nur) des wahren Rechtsgrunds der Ausschüttungen hätte ihn von der Investition abgehalten.
Der Beklagte wendete insbesondere Verjährung ein.
Das Erstgericht verneinte den Eintritt der Verjährung. Das Berufungsgericht kam demgegenüber zum Ergebnis, dass der Anspruch des Klägers auf Naturalrestitution verjährt sei, sodass es das Zahlungsbegehren abwies; dem Feststellungsbegehren gab es hingegen (unbekämpft) statt.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge und sprach dem Kläger (auch) den begehrten Schadenersatz zu. Er stellte klar, dass die dreijährige Verjährungsfrist dann, wenn ein Vermögensschaden (hier: durch den Erwerb eines in Wahrheit nicht gewollten Investments) auf mehrere rechtswidrige Handlungen (Beratungsfehler) zurückzuführen ist, von denen jede für sich allein kausal für den Schadenseintritt (Erwerb des Produkts) war, mit Kenntnis jedes einzelnen Beratungsfehlers gesondert zu laufen beginnt. Dass der auf die mangelnde Aufklärung über das Kapitalverlustrisiko gestützte Schadenersatzanspruch bei Klageeinbringung bereits verjährt war, hindert deshalb nicht den Erfolg der Klage aufgrund des „Ausschüttungsschwindels“.