Zur wasserrechtlichen Haftung von „Indirekteinleitern“
Für Mängel der betriebsinternen Abwasseranlage, die dazu führen, dass giftige Stoffe nicht in den örtlichen Abwasserkanal, sondern über eine Regenwasserableitung in einen Bach gelangen, hat der Abwasserverursacher (verschuldensunabhängig) Schadenersatz zu leisten.
Die beklagte Gesellschaft betreibt in unmittelbarer Nähe zu einem Bach eine Wäscherei, in der chemisch aktive Abwässer anfallen. Ihr wurde mit Bescheid die Bewilligung erteilt, die betrieblichen Abwässer in den Ortskanal einzuleiten, und dabei die Auflage gemacht, dass innerbetriebliche Kanäle, Schächte und Behälter flüssigkeitsdicht sein müssen. Die (gefährlichen) Abwässer der Gesellschaft werden auf der eigenen Betriebsliegenschaft gesammelt und fließen in ein Rohrleitungssystem auf dem Nachbargrundstück, das in die Ortskanalisation mündet. Die Abwasserleitungen auf dem Nachbargrundstück wurden nachträglich durch ein zur „Regenentlastung“ gedachtes Kunststoffrohr in der Weise verändert, dass bei starken Regenfällen auch Regenwasser über einen Schacht in den Schmutzwasserkanal gelangen kann. Bei einem Starkregenereignis kam es allerdings zu einem erheblichen Rückstau im Schmutzwasserkanal, der dazu führte, dass verunreinigtes Abwasser über das Verbindungsrohr in den Regenwasserkanal und von dort in einen Bach gelangte. Im Zusammenhang mit einem dadurch ausgelösten Fischsterben erlitten die klagenden Fischereiberechtigten Schäden von mehr als 10.000 EUR.
Sie begehrten nun von der Gesellschaft den Ersatz ihres Schadens und beriefen sich auf die verschuldensunabhängige Haftung nach dem Wasserrechtsgesetz. Die beklagte Gesellschaft wendete vor allem ein, ihre Organe hätten vom nachträglich auf der Nachbarliegenschaft eingebauten Verbindungsrohr nichts gewusst. Außerdem trete die verschuldensunabhängige Haftung nur bei bewilligungskonformem Betrieb ein, der wegen der nachträglichen Veränderung im Leitungssystem aber nicht bestanden habe.
Sämtliche Instanzen gaben dem Klagebegehren statt.
Der Oberste Gerichtshof verwies auf die jüngere Judikatur des zuständigen Fachsenats, nach der die verschuldensunabhängige wasserrechtliche Haftung bloß eine „grundsätzliche“ Rechtmäßigkeit des Betriebs der Anlage voraussetze. Diese Rechtsprechung ist nicht auf Betreiber von Wasserbenutzungsanlagen zu beschränken, sondern hat auch für sogenannte „Indirekteinleiter“ zu gelten, also bei bewilligungspflichtigen Einleitungen von gefährlichen Abwässern in eine von einem befugten Unternehmen betriebene Kanalanlage. Der Vorfall kann entgegen der Ansicht der Beklagten nicht mit einem Unfall oder einem Wasserrohrbruch verglichen werden. Vielmehr liegt abweichend von den Auflagen im Bewilligungsbescheid eine Undichtheit des innerbetrieblichen Abwassersystems vor, für die der Betriebsinhaber einzustehen hat. Dabei ist nicht von Bedeutung, dass die schadensverursachende Veränderung (Einbau eines Überlaufrohrs) auf einem Nachbargrundstück eingetreten ist, ist doch der Betriebsinhaber für den Zustand der Abwasseranlage bis zum öffentlichen Kanalnetz verantwortlich.