Vorabentscheidungsersuchen zur VO (EG) 987/2009 und Art 21 AEUV
Die Klägerin zu 10 ObS 69/24f erwarb in Österreich 30 Versicherungsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit und brachte dann im Alter von 21 Jahren ihr erstes Kind in Österreich zur Welt. Sie übersiedelte dann mit dem Kind zu ihrem Gatten nach Belgien, wo sie ihr zweites Kind bekam. In Belgien widmete sie sich zunächst ausschließlich der Kindererziehung. Als ihr zweites Kind rund 7 Jahre alt war, ging sie (als weiter in Belgien wohnhafte Grenzgängerin) in Deutschland einer Beschäftigung nach und erwarb dort 240 Versicherungsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit. Im Jahr 2013 kehrte sie nach Österreich zurück und erwarb hier weitere 120 Versicherungsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit.
Die Klägerin zu 10 ObS 118/24m erwarb in Österreich 122 Versicherungsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit. Im Alter von 26 Jahren verzog sie nach Italien, wo sie heiratete und zwei Kinder zur Welt brachte. Sie widmete sich in Italien zunächst ausschließlich der Kindererziehung und übte auch im Anschluss keine Erwerbstätigkeit aus.
Beide Klägerinnen erreichen die für eine österreichische Alterspension erforderliche Mindestversicherungszeit des § 4 Abs 1 iVm § 16 Abs 3a APG (von 180 Versicherungsmonaten) nur, wenn die in den anderen Mitgliedstaaten zurückgelegten Zeiten der Kindererziehung in Österreich angerechnet werden.
Der Oberste Gerichtshof legte dem Europäischen Gerichtshof zusammengefasst folgende Fragen vor:
1. Wie ist die Anordnung in Art 44 Abs 2 Satz 1 erster Halbsatz der Verordnung (EG) 987/2009, wonach der ursprünglich zuständige Mitgliedstaat Kindererziehungszeiten in einem anderen Mitgliedstaat anzurechnen hat, wenn dieser keine Kindererziehungszeit berücksichtigt, auszulegen? Ist damit gemeint, dass dieser Mitgliedstaat Kindererziehungszeiten nach seinen Rechtsvorschriften generell nicht berücksichtigt, oder nur im konkreten Fall nicht berücksichtigt?
2. Gebietet es das durch Art 21 AEUV garantierte Recht auf Freizügigkeit, dass Österreich in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegte Kindererziehungszeiten auch dann anzurechnen hat, wenn
a. in Österreich ausschließlich vor den Zeiten der Kindererziehung in einem anderen Mitgliedstaat Versicherungsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben wurden (10 ObS 118/24m)?
b. in Österreich zwar vor und nach den Zeiten der Kindererziehung Versicherungsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben wurden, dazwischen aber auch in einem dritten Mitgliedstaat (sogar mehr) derartige Versicherungsmonate erworben wurden (10 ObS 69/24f)?