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Zurückbehaltungsrecht des Wohnungseigentumswerbers

 
 

Das Zurückbehaltungsrecht des Wohnungseigentumswerbers im Falle mangelhafter Bauleistungen beschränkt sich nicht auf die letzte Rate des Ratenplans laut Bauträgervertragsgesetz, sondern kann auch frühere Raten umfassen.

Der Beklagte erwarb Miteigentumsanteile an einem Grundstück zur Begründung von Wohnungseigentum an einer darauf zu errichtenden Wohnung. Im Anwartschaftsvertrag wurde ein Ratenplan festgelegt. Laut Vertrag hatte der Beklagte nach Bezugsfertigstellung bzw vereinbarter vorzeitiger Übernahme einen Teilbetrag von 17 % des gesamten Kaufpreises zu zahlen. Er zahlte davon lediglich einen Teil, entrichtete jedoch nach Fertigstellung des Objekts die „letzte“ Rate. Er berief sich auf sein Zurückbehaltungsrecht wegen zahlreicher Baumängel, zum Teil an allgemeinen Teilen des Gebäudes und zum Teil am eigenen Wohnungseigentumsobjekt.

Das Erstgericht gab der Zahlungsklage des Bauträgers statt. Die eingewandten Mängel seien nicht gravierend.

Das Berufungsgericht wies die Klage ab. Das Zurückbehaltungsrecht hänge nicht davon ab, dass nicht die letzte, sondern ein Teil der vorletzten nach Bezugsfertigstellung zu bezahlende Rate offen sei. Eine schikanöse Rechtsausübung liege nicht vor.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte diese Entscheidung.

Vorrangiges Ziel des Bauträgervertragsgesetzes ist, das Vorauszahlungsrisiko des Erwerbers durch Sicherungspflichten des Bauträgers weitgehend auszuschalten und so den Konsumentenschutz in einem speziellen Bereich der Immobilienbranche zu verstärken.

Die Zahlungen entsprechend einem Ratenplan sind zwar an das Zug-um-Zug-Prinzip angelehnt, aber dennoch stehen die einzelnen Leistungen nicht in funktionellem Synallagma zu den Raten. Durch die Vereinbarung eines Haftrücklasses, der in erster Linie eine Deckung für zunächst verborgene Mängel bieten soll, wird nicht automatisch auf das darüber hinausgehende Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers mangels Fälligkeit des Werklohns wegen Unterlassung einer Verbesserung des mangelhaften Werks verzichtet.

Der Beklagte hält einen Betrag zurück, der unter jenem des gesamten Verbesserungsaufwands liegt. Daher ist seine Zurückbehaltung keine Schikane. Das Zurückbehaltungsrecht kann auch wegen Mängel an allgemeinen Teilen des Hauses erfolgen. Der Beklagte hat daher sein Zurückbehaltungsrecht zu Recht ausgeübt.

Zum Volltext im RIS.

 
ogh.gv.at | 15.11.2024, 12:11
(https://www.ogh.gv.at/entscheidungen/zurueckbehaltungsrecht-des-wohnungseigentumswerbers/)

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