Medieninformation des OGH zur „Causa Buwog“
OGH bestätigt erstinstanzliches „Buwog-Urteil“ in den wesentlichen Anklagepunkten und verhängt Freiheitsstrafen über Mag. Grasser und sechs weitere Angeklagte.
Teilaufhebungen betreffend Schuldsprüche
– des Angeklagten Mag. Grasser zu Beweismittelfälschungen und
– des Angeklagten Dr. Hochegger wegen eines strafbaren Beitrags zur Untreue („Telekom Austria AG“) sowie mehrerer, nur im mittelbaren Zusammenhang mit den Faktenkomplexen Buwog und Terminal Tower stehender Vergehen.
– Der Privatbeteiligtenzuspruch an die Republik Österreich betreffend die Angeklagten Mag. Grasser und Meischberger (9,8 Mio Euro), MMag. Dr. Petrikovics (9,6 Mio Euro) und einen weiteren Angeklagten (4,8 Mio Euro) wurde bestätigt. Stattgebung der Berufungen nur hinsichtlich eines Teils des Zinsenbegehrens.
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Der Oberste Gerichtshof hat in einem dreitägigen Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung heute über die im Buwog-Verfahren erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten entschieden:
Das erstinstanzliche Urteil wurde in den Anklagepunkten der Untreue betreffend die Privatisierung der Bundeswohnbaugesellschaften und den Abschluss des Vertrags zur Einmietung der Linzer Finanzdienststellen in den „Terminal Tower“ sowie den damit in Zusammenhang stehenden Korruptionsdelikten bestätigt. Das diese Vorwürfe behandelnde Strafverfahren ist damit zur Gänze rechtskräftig erledigt.
Die Teilaufhebungen betrafen die Mag. Grasser vorgeworfenen Beweismittelfälschungen sowie hinsichtlich Dr. Peter Hochegger den Faktenkomplex „Telekom Austria AG“ (Beitrag zur Untreue der Verantwortlichen des Unternehmens, Schaden rund 5 Mio Euro) sowie Vergehen der Unterschlagung und der falschen Beweisaussage vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Gründe für die Aufhebung waren in Bezug auf alle davon umfassten Schuldspruchpunkte Rechtsfehler mangels Feststellungen, einerseits zu einzelnen Tatbestandsmerkmalen und andererseits zur Klärung des Eintritts von Verjährung.
In Bezug auf Walter Meischberger, MMag. Dr. Petrikovics und drei weitere Angeklagte wurden die erstinstanzlichen Schuldsprüche zur Gänze bestätigt.
Die vom Großteil der Rechtsmittelwerber behauptete Ausgeschlossenheit der dem Schöffensenat vorsitzenden Richterin im erstinstanzlichen Verfahren wurde verneint; die Nichtigkeitswerber haben keine Gründe genannt, die nach einem objektiven Maßstab geeignet wären, auch nur den Anschein der Befangenheit zu begründen.
Zu den Strafen:
Der Oberste Gerichtshof erachtete die Verfahrensdauer von rund 15 Jahren als unverhältnismäßig lange und bejahte – anders als das Erstgericht – eine dadurch bewirkte Grundrechtsverletzung. Dieser Verstoß gegen Art 6 Abs 1 MRK wurde nicht nur anerkannt, sondern – entsprechend der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte – auch durch eine spürbare und messbare Reduktion der an sich für angemessen erachteten Freiheitsstrafen (jeweils um etwa ein Drittel) ausgeglichen.
Der Fünf-Richter-Senat betont, dass es sich bei zur persönlichen Bereicherung begangener Untreue und Korruption durch ein Mitglied der Bundesregierung und dessen Vertraute mit einem Schaden in der Höhe von nahezu 10 Millionen Euro um schwere Straftaten mit schweren Folgen handle. Vor allem die exorbitant lange Verfahrensdauer, der bis zur Tatbegehung ordentliche Lebenswandel der Angeklagten und das mehr als 15 Jahre lange Zurückliegen der Taten samt seitherigem Wohlverhalten stehen aber der Verhängung von im obersten Bereich des zur Verfügung stehenden Strafrahmens gelegenen Strafen entgegegen.
Mag. Karl-Heinz Grasser wurde für die rechtskräftig bestätigten Untreuefakten und jene der Geschenkannahme durch Beamte (Buwog und Terminal Tower, Gesamtschaden rund 9,8 Mio Euro) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
Dr. Peter Hochegger wurde für die rechtskräftig bestätigten Schuldspruchteile (Beitragstäterschaft zu Untreue und Geschenkannahme durch Beamte sowie Bestechung im Zusammenhang mit der Causa Buwog, Gesamtschaden rund 9,6 Mio Euro) zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren als Zusatzstrafe verurteilt. Dabei hatte der OGH auf zwei rechtskräftige Vorverurteilungen mit einer dort verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren Bedacht zu nehmen. Da der mittlerweile 75-jährige Dr. Hochegger, der sich als einziger der Angeklagten teilweise geständig gezeigt und einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung geleistet hat, zwischenzeitig bereits mehrere Monate in Strafhaft verbracht und sich seit fast zwei Jahrzehnten wohlverhalten hat, sah der Oberste Gerichtshof einen Teil der verhängten Strafe von zwei Jahren unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nach.
Walter Meischberger, dessen Urteil zur Gänze bestätigt wurde (Beitragstäterschaft zu Untreue und Geschenkannahme durch Beamte sowie Bestechung und Beweismittelfälschung im Zusammenhang mit den Causen Buwog und Terminal Tower, Gesamtschaden rund 9,8 Mio Euro), wurde zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt.
MMag. Dr. Petrikovic, wurde für den zur Gänze bestätigten Schuldspruch (Beitragstäterschaft zu Untreue sowie Bestechung in der Causa Buwog; Gesamtschaden rund 9,6 Mio Euro) zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt. Dabei hatte der Senat auf eine rechtskräftige Vorverurteilung mit einer dort verhängten Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren Bedacht zu nehmen. Die bedingte Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe erachtete der Senat auch aufgrund der zwischenzeitigen Verbüßung eines mehrjährigen Teils der Freiheitsstrafe dieser Vorverurteilung für angemessen.
Ein weiterer Angeklagter wurde für den zur Gänze bestätigten Schuldspruch (Beitragstäterschaft zu Untreue sowie Bestechung in der Causa Buwog; Gesamtschaden rund 4,8 Mio Euro) zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten, die unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.
Zwei weitere Angeklagte wurden wegen Geldwäscherei, Beweismittelfälschungen und Begünstigung im Zusammenhang mit den inkriminierten Sachverhalten zu bedingten Freiheitsstrafen von 12 Monaten und 8 Monaten verurteilt.
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– Über die Nichtigkeitsbeschwerde des als unmittelbarer Täter der Untreue zum Nachteil der Telekom Austria AG Mitangeklagten Mag. Rudolf Fischer wurde vom Obersten Gerichtshof bereits zuvor in nichtöffentlicher Sitzung entschieden.